Einigkeit schafft Sicherheit

Das LRZ feierte sein 60jähriges Bestehen – und viele Gäste und Begleiter:innen kamen zum Festakt am 14 Juli 2022. Unter ihnen auch Dr. Wolfgang Heubisch, Abgeordneter der FDP im Bayerischen Landtag und von 2008 bis 2013 bayerischer Minister für Wissenschaft und Kunst. In seine Ägide fallen die Installation für den SuperMUC, den ersten mit heißem Wasser gekühlten Supercomputerder, sowie die Feierlichkeiten zum 50jährigen Geburtstag 2012. „Da herrschte wie heute auch eine Aufbruchsstimmung sondergleichen und überall war zu spüren: Wir gehen jetzt in eine neue Zeit“, erinnert sich der Politiker, promovierte Zahnarzt und Diplom-Kaufmann: „Im Grundsatz wurde nie gezweifelt, dass die Wissenschaft Computertechnik braucht und dass daher auch in die Ausrüstung des LRZ investiert werden muss.“ Noch heute macht sich Heubisch im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des Bayerischen Landtages stark für Forschungs- und Hochschulfragen – und versteht dabei auch neue Medien zu nutzen: Heubisch ist übrigens der Landtagsabgeordnete mit den meisten Followern bei Tiktok.

Herr Heubisch im Bayerischen Landtag

Der ehemalige Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch ist dem LRZ immer noch gewogen - auch in seiner jetztigen Rolle als Stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses im Bayerischen Landtag.

Sie waren von 2008 bis 2013 Wissenschaftsminister – an welche Begebenheit mit dem LRZ erinnern Sie sich heute noch gerne?
Dr. Wolfgang Heubisch: Mit Abstand die beste Erinnerung habe ich an die Feier zum 50jährigen Bestehen des LRZ 2012. Da herrschte wie jetzt auch eine Aufbruchsstimmung sondergleichen und überall war zu spüren: Wir gehen jetzt in eine neue Zeit. Das LRZ gehörte zu den Spitzenrechenzentren in Deutschland, der SuperMUC war gerade in Betrieb genommen und zum schnellsten Rechner Europas gekürt worden. Mich hat beim Festakt fasziniert, wie klein das LRZ im Grunde ist und welche Stärke, welchen Einfluss es hatte. Ja, wir hatten alle das Gefühl, da kommt jetzt eine neue Zeit.

Ihre Amtszeit als bayerischer Wissenschaftsminister begann 2008, in diese Zeit fielen auch die Anträge für den SuperMUC, aufregend für Sie als verantwortlicher Minister?
Heubisch: Schon, das war doch eine Initialzündung, das LRZ sollte den ersten Supercomputer in Bayern bekommen. Aber ehrlich gesagt, wir Politiker haben damals diese High Performance Computing-Welt gar nicht so recht durchdrungen und konnten nicht wissen, welche Möglichkeiten überhaupt darin für die Wissenschaft stecken. Deshalb sind wir im Zusammenhang mit den Anträgen in die USA gereist, haben HPC-Zentren besucht und uns deren Systeme angeschaut. Der damalige Leiter des LRZ, Professor Arndt Bode, und sein Stellvertreter Doktor Victor Apostolescu konnten mir den Sinn und die Notwendigkeit von Supercomputing für die Forschung dabei sehr verständlich und eindrücklich erläutern. Das war wichtig, als Minister brauchst du Fachleute und Spezialist:innen, denen du vertrauen kannst, um Entscheidungen und Anträge abschätzen zu können. Aber die Präsidenten der Ludwig-Maximilians-Universität und Technischen Universität München unterstützen damals ebenfalls die Anschaffung, so eine Einigkeit schafft Sicherheit.

War es eigentlich schwer, die notwendigen Fördergelder – immerhin mehrstellige Millionenbeträge – für das LRZ im bayerischen Haushalt einzustellen?
Heubisch: Ich kann mich jedenfalls nicht an Diskussionen und laute Gegenstimmen erinnern. Naja, Verhandlungen mit dem Finanzministerium, das ja letztlich bezahlt, fordern immer Diplomatie. Da wird um Millionen gefeilscht und man musste auch mal zurückstecken, Pläne verschieben oder schauen, dass anderswo Einsparungen möglich waren. Aber im Grundsatz wurde nie gezweifelt, dass die Wissenschaft Computertechnik braucht und dass in die Ausrüstung des LRZ investiert werden muss.

Um 2010 herum lag dem Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium das Programm „Bayern 2020“ am Herzen, es ging um Bayerns internationale Wettbewerbsfähigkeit: Welche Rolle spielte dabei das LRZ und der Ausbau des Supercomputings?
Heubisch: Bayern 2020 war die High-Tech-Agenda von damals und sollte Bayern als Standort für innovative Forschung und Technik weiter stärken. Das Programm wurde fraktionsübergreifend angenommen. Auch das LRZ spielte darin eine Rolle. Als Dienstleister sollte es Wissenschaft und Forschung bei Zukunftsthemen wie die Digitalisierung unterstützen, außerdem braucht Bayern Spezialist:innen, die sich mit neuen Technologien auskennen und damit arbeiten können. Natürlich wurde Bayern 2020 auch kritisiert: Muss denn so viel Förderung in den Großraum München fließen? Aber es wäre undenkbar gewesen, DAS wissenschaftliche Rechenzentrum in Garching, das sich für die Forschung in Bayern und Deutschland stark machte, nicht zu berücksichtigen. Das LRZ macht das bis heute gut, dass es seine Spitzenposition verteidigt und ausbaut – Wissenschaft und Forschung sollten daher ebenfalls von der Politik fordern und einfordern, dass das so bleiben kann.

Haben Sie heute noch mit dem LRZ zu tun?
Heubisch: Theoretisch ja, wenn der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst, in dem ich als Landtagsabgeordneter heute stellvertretender Vorsitzender bin, Anträge diskutiert, die das LRZ betreffen. Das ist jedoch in der aktuellen Legislaturperiode noch nicht vorgekommen. Was das LRZ beschaffen will, geht heute leichter durch die Instanzen. Trotzdem bleibe ich dem LRZ verbunden, beobachte seine Entwicklung und engagiere mich natürlich auch für seine Belange, wenn das notwendig wird. Aber das LRZ hat inzwischen so ein großes Renommee gewonnen, dass es für seine Anträge keine Fürsprecher oder Kontakte mehr im Landtag braucht.

Waren eigentlich die Entwicklung des LRZ und sein internationales Wachstum 2012 vorauszusehen? Und gab es damals schon Diskussionen um Quantencomputer oder Künstliche Intelligenz?
Heubisch: Also Quantentechnologie war damals eher noch Theorie und daher kein Gesprächsthema in der Politik. Und in puncto Künstlicher Intelligenz wurde damals nur in Frage gestellt, ob IT einmal das menschliche Gehirn ersetzen oder sich mit einem Menschen unterhalten könne. Das alles war noch weit entfernt, aber inzwischen sind wir alle schlauer. Die Entwicklung der letzten zehn Jahre in der IT ging ja sehr schnell und haben Vieles schon verändert, aber die größten Veränderungen stehen uns jetzt bevor.

Zum Weiterschmökern:

Get Connected: Das LRZ In Den Sozialen Medien